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3. Bürokratieumbau: Ausgangspunkte für Bürokratieabbau

Weniger Bürokratie, mehr Zukunft!

Hier werden Lösungen entwickelt

 

Wertschöpfend.Lösungsorientiert.Umsetzbar.

by Marcus H.V. Lohr

„Das Dilemma der Bürokratie: Bürokratie ist eine Querschnitts- und Koordinationsaufgabe und benachteiligt von ihrem Wesenskern kleine Unternehmen und Fortschritt. Trotzdem brauchen wir sie.“

 

Bürokratie ist notwendiges Übel, sowohl Segen als auch Fluch. Sie schafft notwendige Strukturen und Regeln, die Ordnung und Fairness garantieren sollen, kann jedoch schnell zum Hemmnis werden, wenn sie überhandnimmt. Und sie kämpft als Querschnittsfunktion gegen die Partikular-Interessen der im übertragenen Sinne immer noch bestehenden ‚Bereichsfürstentümer‘.

Hier kommen einige Besonderheit der deutschen Kultur ins Spiel:

·         Deutschland mag es gerne „perfekt“. Diese falsche Vorannahme, man könne Perfektion überhaupt erreichen – die Physik weiß, es gibt keine 100% – führt zur bürokratischen Übertreibung.

In der bürokratischen Praxis nennt man das „Gold Plating“. Deutsche gesetzliche und regulatorische Vorgaben werden gerne übervorbildlich formuliert und ‚wir‘ neigen dazu die 100%-ige Einzelfallgerechtigkeit regulatorisch erreichen zu wollen. – Ein aus naturwissenschaftlicher und marktwirtschaftlicher Sicht aussichtsloses Unterfangen.

„100% Einzelfallgerechtigkeit sind ein aussichtsloses Unterfangen“.

Das führt zu Micro-Management-Ansätzen, die die Verwaltung belasten, die Gerichte überlasten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, weil sie meist vermeintlichen Missbrauch überbewerten und durch die Auflagen die breite Mehrheit unnötig bürokratisch belasten.

·         Gleichzeitig herrscht immer noch Silo-Denken der jeweiligen Fach-X-Kompetenz (Bereichsfürstentümer) vor: Fach-Thema, Fach-Politik, Fach-Ministerium, Fach-Experten, Fach-Bürokratien, Fach-Lobbyisten, Fach-Journalisten, … kurz Fach-IdioXXX. – Übersetzt heißt das:

„Partikular-Interessen dominieren das Allgemein-Interesse.“

·         In der bisherigen Praxis führte das über die letzten Jahrzehnte zu

o   einer Überlastung der Verwaltung und der Gerichte und Verwaltungen (siehe oben),

o   einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft (siehe oben),

o   einem Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.

Wir werden diese Spannungsfelder im Rahmen dieser Serie tiefer und vor allem lösungsorientiert beleuchten.

 

In diesem Kapitel widmen wir uns zwei zentralen Fragen als Ausgangspunkt für diese Serie, das bedeutet Ausgangspunkt für Lösungen:

·         „Welche Rolle spielt Bürokratie für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Ländern?

·         „Gibt es einen "Gleichgewichtspfad" der Bürokratie, der ein Optimum aus Effizienz und Ordnung findet?“


Welche Rolle spielt Bürokratie für die Wettbewerbsfähigkeit?

 

„Je mehr Bürokratie digital wird, desto stärker wird sie zum exponentiellen Wettbewerbsfaktor. Je mehr wir den Anschluss an die Digitalisierung verlieren, desto schwächer wird unsere Position.“

 

Wettbewerbsfähigkeit ist relativ. Sie gilt immer nur im Vergleich zu anderen. Wettbewerbsfähigkeit ist dynamisch. Die Kräfteverhältnisse zu diesen anderen Wettbewerbern sind in stetigem Fluss.

Bürokratie beeinflusst die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Ländern auf mehreren Ebenen. Während klare und faire Regeln die Geschäfts- und Handlungsgrundlagen stärken, kann ein überbordender Verwaltungsapparat zu einem massiven Standortnachteil werden.

 

 

„Wenn man Rückstände aufholen will, muss man in einem demokratisch marktwirtschaftlichen System schneller laufen als der Läufer vor sich. – In einem undemokratischen System kann man den Läufer vor sich auch abschießen. Darauf sollten sich demokratische System vorbereiten.“ 

Aus Sichtweise der Unternehmen

1.       Kostenfaktor:

Bürokratische Anforderungen wie Steuererklärungen, Genehmigungen oder Compliance-Kontrollen oder Berichtspflichten verursachen erhebliche direkte Kosten. Diese belasten vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), die weniger Ressourcen zur Verfügung haben. Damit wird der Bürokratieanteil pro Wertschöpfungseinheit größer und sie werden zunehmend abhängig von externen Beratern. Umso schlimmer, wenn mit diesen Daten dann noch nicht einmal ‚gearbeitet‘ wird und deren Nutzenpotenzial weitgehend ungenutzt bleibt, sondern sogar zu weiterer Bürokratie führt, vergleiche Grundsteuer-Reform (zur enormen Ressourcen-Verschwendung im zweistelligen Milliarden-Bereich wird es ein eigenes Kapitel geben).

Zwischen-Fazit: Zu viel Bürokratie benachteiligt kleine Marktteilnehmer.

2.       Zeitaufwand:

Lange Bearbeitungszeiten und komplexe Prozesse verzögern Projekte und Entscheidungen. Ein Unternehmen, das monatelang auf eine Bau- oder Betriebsgenehmigung warten muss, verliert wertvolle Marktchancen.

3.       Innovation:

Starre Vorschriften behindern oft innovative Ideen. Start-ups, die neue Technologien oder Geschäftsmodelle entwickeln, stoßen auf Regulierungen, die für traditionelle Branchen konzipiert wurden. Umgekehrt läuft die Regulierung dynamischen technologischen Entwicklungen hinterher.

 

Aus gesamtwirtschaftlicher Sichtweise

1.       Attraktivität des Wirtschaftsstandorts:

Länder mit klaren, transparenten und effizienten Regelungen ziehen mehr Investoren an. Internationale Unternehmen bevorzugen Standorte, an denen Prozesse schnell und berechenbar sind.

2.       Kulturelle Unterschiede:

In manchen Ländern wird Bürokratie als notwendiger Bestandteil angesehen, in anderen als Belastung. Deutschland wird oft als Paradebeispiel für überbordende Verwaltung genannt, während Estland mit seiner digitalisierten und schlanken Verwaltung als Vorbild dient.

3.       Globaler Wettbewerb:

Im Zeitalter der Globalisierung kann Bürokratie entscheiden, ob ein Land im internationalen Wettbewerb mithalten kann. Ein Beispiel ist die Geschwindigkeit, mit der erneuerbare Energien in Deutschland genehmigt werden – ein entscheidender Faktor für die Energiewende und die wirtschaftliche Zukunft.


Gibt es einen Gleichgewichtspfad der Bürokratie?

 

Die Idee eines Gleichgewichtspfads der Bürokratie basiert auf der Annahme, dass es einen Punkt gibt, an dem die Vorteile von Regelungen und Verwaltung die Nachteile überwiegen. Zu wenig Bürokratie führt zu Chaos und Intransparenz, während zu viel Bürokratie Innovation, Flexibilität und Effizienz behindert. Doch wie findet man dieses Gleichgewicht?

 

  • Die Rolle von Regeln: Notwendige Regelungen schaffen Sicherheit und Vergleichbarkeit. Sie verhindern Willkür und setzen verbindliche Standards, die das Vertrauen in wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse stärken.
  • Gefahr der Regelüberlastung: Wenn sich Regeln zu stark verzweigen oder überlappen, entsteht eine "Regelüberlastung", bei der die Kosten und der Aufwand ihrer Einhaltung die Vorteile deutlich übersteigen.
  • Indikatoren für das Gleichgewicht: Ein Gleichgewichtspfad könnte anhand von Indikatoren wie Bearbeitungszeiten, Verwaltungskosten und Zufriedenheit der Betroffenen definiert werden. Ein weiteres Kriterium wäre die Innovationsfähigkeit: Ermöglichen die bestehenden Strukturen noch kreative und schnelle Entscheidungen?

Die Serie wird sich im Rahmen der Lösungsfindung tiefer mit Indikatoren beschäftigen (KPIs – Key Performance Indicators). Dabei werden Best Practices aus der Wirtschaft und Benchmarks von vorbildlichen Beispielen herangezogen.

Ein Gleichgewichtspfad erfordert ständige Überprüfung und Anpassung, da sich gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen stetig wandeln. Dieser dynamische Ansatz stellt sicher, dass Bürokratie nicht zum Selbstzweck wird.


Fazit: Ausgangspunkte für den Wandel

Ein "Gleichgewichtspfad" der Bürokratie ist essenziell, um die Balance zwischen Ordnung und Effizienz zu wahren. Gleichzeitig ist die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes stark davon abhängig, wie gut es gelingt, Bürokratie zu straffen, ohne Chaos zu riskieren. Der Abbau unnötiger Verwaltungshürden ist ein zentraler Hebel, um wirtschaftliche Dynamik und Innovationskraft zu fördern.

 

Die Frage lautet: Wo stehen wir heute, und wie können wir den Bürokratieabbau konkret vorantreiben? In den folgenden Kapiteln widmen wir uns diesen Fragen mit praktischen Ansätzen und inspirierenden Erfolgsbeispielen.

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