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Zukunft mit Kompetenz – Das richtige Maß (4)

Stört mein Drei-Eck nicht!

von Marcus H.V. Lohr

Lesezeit: 3 Minuten (660 Wörter)

Wer das hier nicht liest, weiß nicht, warum „wir“ in die falsche Richtung laufen.

 

In der ersten Folge dieser Serie sprachen wir vom Dreieck des Menschen und von den Herausforderungen der Vuka-Welt. - Ich habe daher das gleichseitige 3-Eck des ersten Blogs etwas verzerrt, so wie unsere Systeme das tun. Hier geht's zu Das richtige Maß (1)

 

Grafik: Marcus H.V. Lohr

Der Ansatz des homo oeconomicus wird daher von unseren Systemen unvorstellbar überbewertet. Mittlerweile ist wissenschaftlich bewiesen, dass viele der darauf basierenden Theorien und Schlussfolgerungen auf falschen Annahmen beruhen. Dieser Weg zeigt seit Jahren in die falsche Richtung … mit durchgetretenem Gaspedal.

Auch der homo ludens wird unter falschen Voraussetzungen verstanden. Nicht etwa werden Forscher, MINT-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik), oder gar wissenschaftliche Simulationsmöglichkeiten für die Lösung von Problemen gefördert.

Weil aber, bis sich eine solch neue Kultur durchsetzt, doch noch einige Jahrzehnte ins Land gehen werden, solange wird „spielen“ gerne weiter mit „zocken“ verwechselt und nicht als das Experimentieren im Sinne des Konfuzius gesehen.

Die Klimaforschung muss um Datenqualität betteln, weil nicht genug Computerkapazität zur Verfügung gestellt wird, damit die Modelle mit feinerer Auflösung rechnen können. Auch findet spielerische Gedankenentwicklung oder Simulation nicht Eingang in andere Bereiche, insbesondere nicht in die Philosophie, was ja die Liebe zur Weisheit, zum Verstehen, zur Aufklärung bedeutet. Viele Politiker und CEOs sehen alles, was über eine Erklärungsentwicklung von 3 Slides oder 90 Sekunden Aufmerksamkeitsspanne hinausgeht, als eine „philosophische“ Themenverfehlung, die in „ihrer“ antiquierten Wirtschaftswelt Zeit verschwendet. Zeit ist Geld.

Mehr Geld in kurzer Zeit ist das Credo.  „Spielen“ im Sinne der Wirtschaft wird durch unsere Systeme eher zum „Zocken“, Hedgen, Spekulieren, Leerverkäufen, Stock-Options, Derivaten (das bedeutet „Wetten“), etc.

Dabei wird übersehen, dass dabei der höchste Wirkungsgrad durch das Versagen unserer Systeme provoziert wird. Es ist unklar, ob vorsätzlich oder nur billigend in Kauf nehmend. Aber jedenfalls in die falsche Richtung. Dürre, Fluten, Flüchtlingsströme, Pandemien, Kriege sind in aller Regel Konsequenz des Auseinanderfallens von Handeln und Haften. Und da wird es dann konkret, was das bedeutet: Zahlen, tun andere. Die Verursacher sind meistens noch Gewinner der Situation.

Die Gesellschaft versteht schließlich auch den spielenden Menschen falsch: vor den Spielekonsolen, der bespaßt werden soll, unterhalten, abgelenkt und durch den homo oeconomicus „abgeschöpft“ wird, so wie Ameisen Blattläuse melken (aber die Metapher der Überlegenheit der Ameisen haben wir in einem anderen Blog). UNTER-Haltung wird zunehmend mit „das Niveau unten halten“ definiert. Das ist der falsche Weg. … unseres Erachtens.

Dabei geht enorm viel Schaffenskraft und Motivation verloren. Dem einzelnen, den Organisationen, der Gesellschaft. Der homo ludens ist quasi der Duracell-Hase, der ohne Batterie laufen soll, wenn er richtig eingesetzt wird. … Wenn aber alles entweder in Konsum oder in ökonomisierte Systeme münden soll und das spielerische, forschende, problemlösende Element unterdrückt wird, fehlt uns fast eine ganze Seite des oben gezeigten gleichgewichtigen Dreiecks im Sinne eines positiven Menschseins.

Bleibt der homo reciprocans. Und der kommt durch die Fehlorientierung der anderen beiden zunehmend unter die Räder der Systeme. Statt die Kraft des zwischenmenschlichen Austauschs systematisch zu nutzen, um unsere angehäuften Probleme zu lösen, werden diese Energien ausgenutzt. Und zwar für die notwendig werdende Erledigung von Dingen, die dem homo oeconomicus nicht genug Profit versprechen. Sie werden auf Freiwillige und Ehrenamtler übertragen.

 

Der homo sapiens wird zunehmend zum verzerrten, zerrissenen homo demens! Der möglicherweise am Steuer eingeschlafen ist, vor lauter Hamsterrad getriebenem Aktivismus und Erschöpfung.

Von Mate Douglas Waite - http://www.navy.mil/view_image.asp?id=25589, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=203325

 

Wenn wir so weiter machen, wird das gleichgewichtige Dreieck zu einem Punkt (homo oeconomicus). Einem schwarzen Loch. Und mit dem Ansatz fahren „wir“, wie seit Jahren gezeigt, gegen die Wand. Einem der berühmtesten Mathematiker aller Zeiten, David Hilbert, wird zu „Punkten“ das folgende Zitat zugeschrieben:

„Es gibt Menschen, die haben einen Gesichtskreis vom Radius Null. Und nennen dies ihren Standpunkt.“

Jedenfalls passt dieses Zitat hervorragend zum Punkt eines den „homo spapiens demens oeconomicus“ verschlingenden schwarzen Lochs.

 

Wir werden David Hilbert noch etwas mehr Raum einräumen. Er prägte eine ganze Generation von Wissenschaftlern durch kluge Fragen!

Es wird interessant werden, wie diese Verzerrung mit der Disruption, dem Zerreißen unserer Systeme zusammenspielt.

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