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Zukunft mit Kompetenz - Das richtige Maß (1)

Warum wir bald im Dreieck springen? … sollten!

von Marcus H.V. Lohr

Lesezeit: 4 Minuten (800 Wörter)

Wer das hier nicht liest, weiß nicht, warum „wir“ das Problem nicht verstehen.

 

Was bitte hat der Mensch mit einem Dreieck zu tun? Und was bitte hat ein Dreieck mit dem richtigen Maß zu tun? – Es muss genau ausgemessen sein, damit es harmonisch ist!

Wenn wir den Menschen einmal „zerlegen“ in seine Haupt-Lebens-Aspekte, dann ist eine erkenntnisreiche Möglichkeit die folgende Dreieck-Gliederung:

ü  wirtschaftlich und überlebenstechnisch, er muss sich ernähren und will „durchkommen“, „weiter kommen“, „höher kommen“, …. Das ist die Basis – homo oeconomicus

ü  spielerisch, er will auch, etwa so wie Kinder uns das zeigen: entdecken, forschen, neugierig und dabei glücklich und erfüllt sein – homo ludens

ü  gemeinschaftlich, der Mensch ist ein Herden-Wesen, das in der Gemeinschaft lebt(€) und für die Gemeinschaft – homo reciprocans.

 

Ich habe das einmal in einem 3-Eck mit 3 gleich langen Seiten dargestellt und lasse dieses 3-Eck nach „vorne“ zeigen, damit es in Richtung Zukunft weist (jedenfalls in unserer Schrift). Die oben genannte Basis des homo oeconomicus haben wir sehr spitz gemacht. Sie durchdringt und zerschneidet, was ihr in den Weg kommt.

Wenn wir einmal von einem „gesunden“ Gleichgewicht ausgehen, sind diese 3 Ausprägungen etwa gleich entwickelt. Oder sollten es jedenfalls sein? – Aber das ist bereits Ansichtssache. – Nicht in allen Lebensphasen gleich, aber vielleicht doch in einem gewissen Gleichgewicht.

 

Jetzt kann man, mit etwas Fantasie und Übertragungsgeschick diese 3 Aspekte mit den 3 Wegen klug zu handeln verbinden, die wir von Konfuzius seit 2.500 Jahren kennen und an denen sich nichts Wesentliches geändert hat: denken – kopieren - ausprobieren.  

Bild: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=857482

Konfuzius bezeichnet

ü  … den Weg des Denkens als den Edelsten – sicher sind hier Ökonomen einig, dass dies „ihr“ Weg des Optimierers ist – homo oeconomicus.

ü  … den Weg des Kopierens als den leichtesten und smartesten – das könnte der homo reciprocans sein: du zeigst mir, ich zeige dir, wir lernen gegenseitig voneinander, was wir am besten können, … und gewinnen beide.

ü  … den Weg des Ausprobierens als den steinigsten – das könnte aber der spielerische Weg sein – homo ludens.

 

Jetzt sind aber seit Konfuzius knapp 100 Generationen oder 2.500 Jahre vergangen und wir sind in einer VUKA-Welt angekommen. 

Bild: Marcus H.V. Lohr

Die Welt wird schneller und komplexer. Die Ausschläge in Form unvorhergesehener Ereignisse nehmen zu (Volatilität). Die Unsicherheit von Vorhersagen steigt, daher wird Wahrscheinlichkeitsdenken immer wichtiger. Auch Komplexität und Kompliziertheit steigen. Im Ergebnis werden viele Dinge uneindeutiger (ambig). Damit können viele Schwarz-weiß- oder linear Denkende nicht gut umgehen. Es braucht breites Verständnis für diese Zusammenhänge.

 Simulationsfähigkeit wird zur Schlüsselkompetenz.

Daher müssen wir auch die Ratschläge des klugen Konfuzius an unsere Zeiten anpassen.

Was bedeutet das?

In „neuen“ Zeiten gibt es immer weniger Bestehendes, was die neuen Probleme bereits löst. Man kann also weniger „kopieren“. Allenfalls jeweilige Teil-Lösungen. Deutlich wird: Der Teil von Problemlösungen, der vom homo reciprocans direkt übernommen werden kann, nimmt ab. … Allerdings nimmt der „Coaching-Anteil“ unserer wichtigen sozialen Kontakte zu!

In immer komplizierter und komplexer werdenden Situationen und Systemen kann man immer weniger den gesamten Umfang durch „Vorweg-Denken“ lösen. Das liegt einfach in der Natur der (exponentiell) gestiegenen Einflussgrößen. 

Schwierigkeiten sich das vorzustellen?

Nun, nehmen Sie die Lottozahlen. Niemand würde eine Lotterie machen mit 6 aus 6. Bereits 6 aus 49 ergibt über 13 Millionen Kombinationsmöglichkeiten.

 

… Wir Menschen sind mittlerweile 8 Milliarden. Wenn jede*r mit jeder*m reden wollte, wären das 32 MilliardenMilliarden Möglichkeiten (für Nerds: Schnittstellenformel). Wenn man nur 4 Sekunden für jede*n brauchte – das ist eine durch Experimente herausgefundene Spanne, für den ersten Eindruck, für den es keine zweite Chance gibt – dann müsste man hierzu über 4 Milliarden Jahre alt werden, also etwa so alt, wie die Erde bereits ist, … nur um herauszufinden, in welche Schublade man den einen oder die andere legen will. Ohne Schlaf/ 24/7/365!

Wer nur eine 40-Stunden-Woche möchte, müsste 20 Milliärdchen Jahre alt werden, … allerdings ohne Rente 😊. Wir haben also noch etwas vor uns.

Das macht unsere Verständigung so schwierig. Und daher kommt das Sprichwort: „Viele Köche verderben den Brei“.

Dieses exponentielle Wachstum der Kombinationsmöglichkeiten ist übrigens ein wichtiger Grund, weshalb es Hierarchien gibt und übrigens auch weshalb Diktatoren gerne diese Kombinationsmöglichkeiten reduzieren. – Wir kommen bei Gelegenheit auch noch eingehender auf die wichtige Schnittstellenformel zu sprechen.

Was bei zunehmender Komplexität und Unvorhersehbarkeit bleibt, ist daher das Ausprobieren. Wenn man das etwas wissenschaftlicher angehet und Denken mit Ausprobieren verbindet, könnte man das vielleicht Forschen und Erfinden, Research & Development nennen. Modellieren. Simulieren. Und letztlich steckt in jedem Kind ein Forscher und in jedem Forscher ein Spieler. Der homo ludens. Wenn man „kluges Spielen“ mit den beiden anderen Konzepten Denken und Kopieren dessen, was bereits da ist, verbindet, kommt man zur Notwendigkeit der Simulationsfähigkeit als neue Schlüsselkompetenz für die Zukunft. 

Es wird also eine Schlüsselkompetenz werden, in einer immer „unsicherer“ werdenden in Zukunft, weiterhin Probleme lösen zu können.

Und hier beginnen „wir“ uns selbst im Wege zu stehen.

In einem der nächsten Blogs Das richtige Maß (4) untersuchen wir, woran das liegt. Denn Lösungen fallen meistens leichter, wenn man das Problem versteht. – Einstein wird ein Zitat zugeschrieben: “Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich 55 Minuten damit verbringen, über das Problem nachzudenken und fünf Minuten über die Lösung.”

 

Warum also verstehen wir das Problem bislang nicht?!

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Kommentare: 1
  • #1

    Anne Hensmann-Eßer (Sonntag, 19 Juni 2022 22:59)

    Spannend! Danke dafür!